Stellungnahme Uferinitiative
Der Zürichsee Landschaftsschutz engagiert sich seit über 95 Jahren für eine nachhaltige Entwicklung von Flora und Fauna rund um den Zürichsee und den Obersee. Wir beobachten und verfolgen die Entwicklung dieses einzigartigen Ufergebiets sehr genau.
Grundsätzlich erkennt der ZSL das Bedürfnis der Bevölkerung nach Erholung an. Er ist sich bewusst, dass die Erholung am Wasser besonders attraktiv ist. Auf der anderen Seite gilt es auch zu bedenken, dass das Ökosystem Zürichsee bereits heute unter Druck ist (Link). Hier ist es wichtig zur langfristigen Sicherung der Qualität – des Ökosystems und der Erholungsmöglichkeiten – für künftige Generationen sorgfältig und situationsbezogen vorzugehen.
Entsprechend verweist der ZSL auf seine Position zur aktuellen Debatte zur „Uferinitiative“:
Eine pauschale und durchgehende Erschliessung des gesamten Zürichseeufers, wie es die Initiative verlangt, greift zu kurz. Sie bringt nicht die versprochene Steigerung der Erholungsqualität und gefährdet, die verbleibenden Reste an naturnahen Standorten in den ufernahen Wasserbereichen und am Ufer, welche es zu schützen gilt.
Vielmehr gilt es, bedacht und sorgfältig vorzugehen und eine klare Entflechtung der diversen Uferabschnitte unter Berücksichtigung ihrer ökologischen Beschaffenheit anzustreben. Gemeinden und insbesondere auch künftige Generationen werden eine spezielle Verantwortung haben, die Ufergebiete entsprechend ihrer Bestimmung als Schutzgebiet zu schützen oder bei bereits bestehenden naturfernen Bereichen Aufwertungen vorzunehmen.
Gestützt auf die jahrzehntelange Beobachtung der Ufervegetation und -entwicklung und auf die Expertise unserer Fachspezialisten sind wir der Meinung, dass ein durchgehender Seeuferweg entlang des Zürichsees unzumutbare Folgen für Pflanzen, Tiere und allgemein auf die Umwelt hätte, selbst wenn aufwändige und kostenintensive Begleitmassnahmen (Überwachung, Reinigung, Ausgleichsmassnahmen etc.) getroffen werden würden.
Zur oben genannten Positionierung führten unter anderem die folgenden Punkte:
- Ried und Schilfgebiete, wie jene in den Gebieten Schirmensee (Feldbach) oder «Frauenwinkel» am oberen Ende des Zürichsees, sind hoch sensible Ökosysteme, die bei grösserer Nutzung durch den Menschen rasch aus dem Gleichgewicht geraten und Schaden davon tragen.
- In Ufernähe befinden sich unzählige Brutplätze, zum Beispiel jene von Stockente, Blässhuhn, Tüchel, Kolbente, Schwan und auch andere. Diese würden durch häufige Frequenz von Menschen gestört.
- Der Zürichsee als Naherholungsraum kann auch von einem Kursschiff aus oder von den zahlreichen prächtigen Spazierwegen an den Hängen genossen werden. Erholungslandschaften rund um den See, aber nicht direkt an seinen Ufern lassen eine verantwortungsbewusste Nutzung zu. Der ZSL setzt sich mit seinem Projekt Erholungslandschaft Zürichsee dafür ein, dass Erholungsmöglichkeiten nicht nur in unmittelbarer Ufernähe sorgfältig, situationsbezogen und im Einklang mit den ökologischen Gegebenheiten entwickelt werden.
- Kiesflachufer dienen vielen Fischen als Laichplatz und sind zugleich Fisch-Kinderstuben. Solche ökologisch hoch sensible Gebiete sind einzigartige Lebensräume und diese gilt es zu schützen.
- Die durch einen durchgehenden Seeuferweg erhöhte Nutzung des Seeufers würde auch ein grösseres Abfallproblem auslösen.
Der ZSL gewichtet daher das öffentliche Interesse an naturnahen, biologisch funktionierenden, möglichst ruhigen Seeuferzonen deutlich höher als das Bedürfnis nach einem durchgehenden Seeuferweg.
Februar 2024